Wohneigentum als Inflationsschutz? Warum Betongold in Krisenzeiten neu bewertet wird

Wohneigentum als Inflationsschutz? Warum Betongold in Krisenzeiten neu bewertet wird - QuartierX

Eine alte Weisheit auf dem Prüfstand

Immobilien gelten seit jeher als eine der sichersten Formen der Geldanlage. Besonders in wirtschaftlich unsicheren Zeiten suchen viele Anlegerinnen und Anleger Zuflucht in sogenanntem Betongold. Der Begriff suggeriert Stabilität, Werterhalt und Unabhängigkeit von volatilen Märkten. Doch wie tragfähig ist dieses Narrativ im Jahr 2025? Angesichts steigender Zinsen, hoher Baukosten und einer nach wie vor angespannten globalen Lage lohnt es sich, die Rolle des Wohneigentums als Inflationsschutz neu zu betrachten.

Inflation und Vermögensschutz – ein komplexes Verhältnis

Inflation beschreibt den allgemeinen Anstieg des Preisniveaus. Sie führt dazu, dass Geld an Kaufkraft verliert. Für Sparerinnen und Sparer bedeutet dies, dass Vermögen auf Bankkonten real an Wert verliert, sofern die Zinsen nicht mithalten. Immobilien jedoch entwickeln sich oft antizyklisch. In Phasen hoher Inflation steigen in der Regel auch die Bau- und Mietpreise. Das kann dazu führen, dass der Wert von Wohneigentum zumindest nominell steigt und damit einen Teil der Inflation kompensiert. Zudem kann eine vermietete Immobilie durch regelmäßige Mieteinnahmen einen gewissen Inflationspuffer bieten, da Mietanpassungen häufig an Indexwerte gekoppelt sind oder Spielräume für marktgerechte Anpassungen bestehen.

Kaufkraft und Realwert – zwischen Theorie und Praxis

Entscheidend ist jedoch nicht der nominelle, sondern der reale Wertzuwachs einer Immobilie. Wenn beispielsweise eine Eigentumswohnung in einem urbanen Umfeld um fünf Prozent im Jahr an Wert gewinnt, die Inflation aber bei sechs Prozent liegt, ergibt sich real ein Wertverlust. Insofern ist Wohneigentum nicht automatisch ein Gewinnbringer. Vielmehr hängt der tatsächliche Vermögensschutz von Faktoren wie Lage, Zustand, Nutzungsart und wirtschaftlichem Umfeld ab. Während innerstädtische Lagen mit stabiler Nachfrage als relativ krisenresistent gelten, geraten Randlagen oder touristisch geprägte Standorte bei sinkender Kaufkraft schnell unter Druck.

Zinspolitik und ihre direkten Folgen

Ein wesentlicher Aspekt in der Neubewertung des Betongolds betrifft die Zinsentwicklung. Die Jahre der Nullzinspolitik haben einen massiven Immobilienboom befeuert. Günstige Finanzierungsmöglichkeiten führten zu steigender Nachfrage und steigenden Preisen. Seit der Kehrtwende der Zentralbanken und der Rückkehr zu höheren Leitzinsen sehen sich viele Käuferinnen und Käufer nun mit deutlich höheren monatlichen Belastungen konfrontiert. Der Kauf einer Immobilie als Vermögensschutz wird dadurch unattraktiver, zumal die gestiegenen Zinsen nicht durch ein entsprechend höheres Mietniveau oder Wertwachstum kompensiert werden. Insbesondere für Selbstnutzerinnen und Selbstnutzer bedeutet dies, dass der Erwerb einer Immobilie mit langfristigen finanziellen Verpflichtungen einhergeht, die sorgfältig kalkuliert werden müssen.

Mietmärkte im Wandel – Chancen für Eigentümer?

Gleichzeitig führt die Verteuerung von Baukrediten zu einem Rückgang von Neubautätigkeit. Dies wirkt sich unmittelbar auf den Mietmarkt aus, der vielerorts durch eine zunehmende Angebotsverknappung geprägt ist. Für Eigentümerinnen und Eigentümer kann dies ein Vorteil sein, da die Nachfrage nach Mietwohnungen steigt und entsprechend höhere Mieten durchgesetzt werden können. Doch auch hier ist die Situation differenziert zu betrachten. Regulatorische Eingriffe wie Mietendeckel oder Indexbeschränkungen können potenzielle Renditen begrenzen. Zudem sind insbesondere energetisch unsanierte Bestandsbauten in vielen Städten von einer sinkenden Attraktivität betroffen, was sich langfristig negativ auf die Wertentwicklung auswirken kann.

Energetische Anforderungen als neue Bewertungsgrundlage

Die EU-Taxonomie und nationale Klimaziele setzen neue Maßstäbe für die Bewertung von Immobilien. Nicht mehr nur Lage und Ausstattung sind entscheidend, sondern auch der energetische Zustand und die langfristige Nachhaltigkeit des Objekts. Wer heute in Wohneigentum investieren möchte, muss sich deshalb intensiver denn je mit Sanierungspflichten, Förderprogrammen und CO₂-Bilanzierung auseinandersetzen. Immobilien, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, könnten in naher Zukunft an Wert verlieren – selbst wenn sie in begehrten Lagen liegen. Damit wird aus einem vermeintlich sicheren Hafen eine Investition mit steigender Komplexität und steigendem Beratungsbedarf.

Diversifikation bleibt entscheidend

Trotz aller Herausforderungen bleibt Wohneigentum ein relevanter Bestandteil einer ausgewogenen Vermögensstrategie. Allerdings zeigt sich, dass die Einbettung in ein diversifiziertes Portfolio zunehmend wichtig wird. Allein auf Immobilien zu setzen, um Vermögen vor Inflation zu schützen, ist riskant. Wer hingegen verschiedene Anlageklassen kombiniert – etwa Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Immobilien –, kann Schwankungen besser ausgleichen und langfristig stabilere Ergebnisse erzielen. Dabei spielt auch der Zeithorizont eine Rolle: Kurzfristige Wertkorrekturen verlieren an Bedeutung, wenn der Anlagezeitraum zehn Jahre oder mehr beträgt.

Neue Bewertungsmuster für eine neue Realität

Die Frage, ob Betongold in der heutigen Welt noch als sicherer Inflationsschutz taugt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Vielmehr hängt die Antwort von einer Vielzahl individueller Faktoren ab. Die Zeiten, in denen Wohneigentum automatisch als Wertgarant galt, sind vorbei. Heute erfordert eine Investition in Immobilien umfassende Marktkenntnisse, rechtliche Sensibilität und strategisches Denken. Nur wer diese Faktoren einbezieht, kann aus der Immobilie ein solides Element seines Vermögensaufbaus machen.

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